Projekt Innovationsmonitor für Hochschulbibliotheken kann starten

Im zweiten Anlauf hat es geklappt: der Antrag für das Projekt Innovationsmonitor für Hochschulbibliotheken wurde von der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) genehmigt! Ich möchte hier im Blog für Aussenstehende etwas erläutern, wie Forschung an einer Schweizer Fachhochschule und speziell mit KTI-Förderung funktioniert. Mehr zum Inhalt des Projekts gibt es auf der Website der HTW Chur.

Forschung an einer Fachhochschule

Haben Sie sich das auch so vorgestellt, dass man als Professor an einer Fachhochschule einfach eine gute Idee für ein Forschungsprojekt braucht und diese dann nach wissenschaftlichen Kriterien umsetzt? Mir ging es jedenfalls so, als ich noch in der Bibliothekspraxis tätig war (beinahe hätte ich „Informationspraxis“ geschrieben…). Doch die Forschungsrealität zumindest an Schweizer Fachhochschulen sieht anders aus (und heute soll sie auch an Universitäten nicht mehr dem oben beschriebenen Bild entsprechen). Forschung bedeutet in erster Linie Drittmittel einzuwerben. Aus eigenen Mitteln leisten Fachhochschulen vor allem die Anschubfinanzierung zur Ausarbeitung von Projektanträgen, die dann bei Förderorganisationen oder Stiftungen eingereicht werden. Oder für die ein konkreter Auftrag besteht. Für mich als Forschenden bedeutet dies, dass Ideen für Forschungsprojekte sehr früh schon nach dem Kriterium „Drittmittelperspektive“ gefiltert werden (müssen). Wenn ich das nicht mache, dann wird das höchstwahrscheinlich die hochschulinterne Forschungskommission tun. Diese erste interne Hürde nahm die Projektidee Innovationsmonitor für Hochschulbibliotheken im zweiten Versuch, nachdem bei einem ersten Antrag die Drittmittelperspektive noch bemängelt worden war. Ich hatte dann die Idee, dieses Projekt über ein Crowdfunding durch interessierte Bibliotheken zu finanzieren. Schliesslich setzte ich aber doch auf die Karte KTI.

Der Schweizerische Nationalfonds und die Forschung an Fachhochschulen

Als Förderorganisationen und somit Adressat für Projektanträge kommen für Fachhochschulen die genannte KTI oder auch der Schweizerische Nationalfonds in Frage. Letzterer unterstützt mittlerweile nicht nur Grundlagenforschung sondern auch angewandte Forschung und steht offiziell auch Fachhochschulen offen. Aber in der Realität scheint das noch nicht wirklich zu passen: die Projektanträge der FHs sind aus Sicht des SNF oft noch zu wenig wissenschaftlich. Zudem finanziert der SNF grundsätzlich nicht das Salär der Gesuchstellenden (Link zu den Bedingungen der Projektförderung des SNF), was aus Sicht eines Forschenden an einer FH ziemlich absurd ist. Ich muss ja schliesslich auch meine eigene Forschung über Drittmittel finanzieren, was mit diesem Modell aber nicht möglich ist. Und in den FHs wird das wissenschaftliche Publizieren, das für die Bewertung der Leistung der Forschenden so wichtig ist, noch zu wenig als Teil der Forschungsaktivitäten anerkannt. So haben die Forschenden an FHs Mühe, sich gemäss den Kriterien der universitär ausgerichteten Förderorganisationen zu qualifizieren. Aber wir geben nicht so schnell auf: nach der Ablehnung eines Projektantrags durch den SNF im letzten Jahr haben wir einen neuen Antrag eingereicht und sind guten Mutes. Untersuchen wollen wir die vermutete und tatsächliche Wirkung von sog. Landmark Libraries im städtischen Raum. Wir haben uns mittlerweile international vernetzt (als Mitgründer des Network on Libraries in Urban Space), arbeiten mit der FH Potsdam zusammen (Prof. Hans-Christoph Hobohm)  und unser Forschungsprojekt fokussiert. Nur die Publikationen in high-impact Journals fehlen uns jetzt noch…

KTI als Förderorganisation

Für die Forschung an Fachhochschulen ist die KTI die wichtigste Förderorganisation. Sie hat zum Zweck, die praxisorientierte Forschung an (Fach)Hochschulen zu unterstützen sowie  – und dies in erster Linie – die Innovation in Schweizerischen Unternehmen zu fördern. Konkret heisst dies (auf der Website www.kti.admin.ch):

Die KTI unterstützt

  1. Marktorientierte F&E-Projekte;
  2. Die Gründung und den Aufbau von Start-ups;
  3. Den Wissens- und Technologietransfer.

Was bedeutet dies für die Forschung an FHs? Wir haben bei uns am Institut einen Kollegen, der als Ansprechperson und Berater für geplante KTI-Projekte zur Verfügung steht. Denn die Logik und Mechanismen eines KTI-Antrags sind nicht ganz einfach zu verstehen. Die Forschung muss  nicht nur praxis- sondern auch marktorientiert sein. Entsprechend werden nur Projekte unterstützt, bei denen ein Business Partner mindestens die Hälfte der Investitionen übernimmt. Dafür erhält dieser in der Regel die Rechte an dem Projektergebnis. Ein überzeugender Businessplan gilt als entscheidend für die positive Beurteilung eines Projektantrags. Die erste grosse Hürde auf dem Weg zu einem erfolgreichen Projektantrag besteht entsprechend darin, einen Geschäftspartner von der Projektidee zu überzeugen. Und dieser muss bereit sein, die Hälfte des Projektaufwands zu leisten. Im Bereich Bibliothekswissenschaft ist es nicht gerade einfach Geschäftspartner zu finden. Für das Projekt Innovationsmonitor haben wir in der Firma Berinfor AG, die auf Beratungen im Hochschulbereich spezialisiert ist, einen überzeugten Partner gefunden. Gemeinsam haben wir das Projekt so ausgerichtet, dass als Ergebnis eine neue Beratungsdienstleistung entwickelt wird, die von der Firma vermarktet werden kann. Ein erster Antrag an die KTI wurde dann aber trotzdem zurückgewiesen. Nach einer gründlichen Überarbeitung gemäss den Empfehlungen der Experten der KTI haben wir nun im zweiten Anlauf eine positive Antwort erhalten. Der offiziell mögliche direkte Kontakt zu den Experten der KTI war dafür sehr wichtig. Zusätzlich zum Umsetzungspartner konnten wir auch noch zwei Bibliotheken als Anwendungspartner gewinnen: Die ZHB Luzern und die UB Bern werden bei der Ausarbeitung der Kriterien und der Entwicklung der Methodik mitmachen und die zu entwickelnde Methodik testen. Die wissenschaftlichen Ergebnisse konnten wir erfolgreich in die Projektziele integrieren, und auch für die Auswertung und Publikation sind genügend Ressourcen eingeplant. Nun können wir also mit dem frohen Forschen beginnen…

Und ein weiteres KTI-Projekt ist bereits in Planung: es geht dabei um eine Plattform für E-Books. Mehr sei aber an dieser Stelle noch nicht verraten…

weitere Förderinstrumente

Forschungsförderung ist auch über Stiftungen möglich. Doch es ist eine Wissenschaft für sich, die für sein Forschungsprojekt geeignete Stiftung zu finden. Bis jetzt ist mir dies und auch den meisten Kolleginnen und Kollegen noch nicht gelungen. Einer Schweizer Fachhochschule steht auch der Weg über ein EU gefördertes Projekt offen. Beraten werden wir dabei von der Stelle Euresearch, die auch eine Ansprechperson an der Fachhochschule Ostschweiz hat, zu der die HTW Chur gehört. Wobei die Beteiligung an einem EU-Projekt noch zu Jahresbeginn bei der Lancierung des Programms Horizon 2020 deutlich besser aussah als heute. Nach der Annahme der Initiative gegen die Masseneinwanderung können sich Schweizer Hochschulen zwar noch an einem EU-Projekt beteiligen, jedoch muss der Beitrag durch die Schweiz finanziert werden. Was das in der Praxis bedeutet, werden wir noch sehen. Die Projektleitung durch einen Schweizer Partner ist wohl kaum mehr möglich. Aber auch hier lassen wir uns nicht entmutigen und haben weiterhin vor, uns auch auf europäischem Level zu beteiligen. Im Rahmen des erwähnten Network on Libraries in Urban Space möchten wir ein gemeinsames Forschungsprojekt entwickeln. Ein erster Schritt besteht darin, dass wir einen gemeinsamen Workshop veranstalten, für den wir einen Antrag beim SNF als „International Exploratory Workshop“ gestellt haben.

So sieht das also aus, wenn wir von der Fachhochschule sagen, wir würden forschen… Wir versuchen uns im Dschungel der Förderinstrumente und administrativen Abläufe zu orientieren, um einen Weg zu finden für die Umsetzung unserer wissenschaftlichen Forschungsinteressen. Wir, das sind die Mitglieder des Forschungsfelds Digitale Bibliotheken am Schweizerischen Institut für Informationswissenschaft: Karsten Schuldt, Bruno Wenk, Ekaterina Vardanyan, Brigitte Lutz und ich (Rudolf Mumenthaler).

 

Autor: mrudolf

Director of State and University Library Lucerne (Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern), former Professor for Library Science at HTW Chur (university of applied sciences), co-editor of Informationspraxis, co-principal investigator of the Horizon Report Library Edition, blogging on library topics - and also on mindful living (in German as Männerherz)

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