Trend und Herausforderung #3: Open Content

Der freie Zugang zu Publikationen beschäftigt die Bibliothekswelt schon seit einiger Zeit. Doch das Thema offene Inhalte geht über Open Access hinaus: Die Forderung nach freiem Zugang bezieht sich mittlerweile auch auf digitale Objekte, wie digitalisierte Bücher oder Fotografien, auf Forschungsdaten, Lehrinhalte (Open Educational Resources) oder auf Metadaten. Gerade die relativ junge Disziplin Digital Humanities verlangt nach „Big Open Data“: grosse Datenbestände, die frei zugänglich sind und ohne Einschränkung genutzt werden können. Bibliotheken verfügen mit ihren digitalisierten Altbeständen über solche Inhalte, die für historische Forschung (und andere Forschungsrichtungen) interessant sind. Doch in der Praxis zeigt sich, dass diese Daten, auch die zugehörigen Metadaten, häufig nicht eindeutig offen publiziert sind.

An sogenannten Hackathons, an denen mit offen zugänglichen Datenbeständen neue Anwendungen programmiert werden, stösst man schnell an diese Hürde, wie ich im Blog schon erläutert habe (Beitrag zum Hackathon). Häufig scheitert ein Versuch mit Bibliotheksdaten schon am unklaren Status der Metadaten oder an einschränkenden Nutzungsbedingungen. Bibliotheken sind hier gefordert, indem sie eine konsequente Open Data Policy verfolgen und die von ihr digitalisierten Objekte und ihre Metadaten unter einer Creative Commons-Lizenz (CC0 oder CC-BY) veröffentlichen. Eine konkrete Umsetzung gibt es zum Beispiel an der ETH-Bibliothek (Open Research Data).

Vor demselben Hintergrund läuft aktuell eine europaweite Diskussion um die Freigabe von Zeitschrifteninhalten für die Forschung: Von den Verlagen (ergänzt am 11.5.: und den Betreibern von Repositorien) wird gefordert, dass sie ihre Inhalte für Text Mining frei zur Verfügung stellen. Am 6. Mai 2015 wurde die Hague Declaration on Knowledge Discovery in the Digital Age veröffentlicht. Ergänzung vom 11.5.15: Forschende und Bibliotheken sind eingeladen, die Erklärung zu unterzeichnen (ich persönlich habe sie schon…).

LIBER Hague Declaration

Ausschnitt aus der Infografik zur The Hague Declaration (LIBER)

Mir scheint ein weiterer Aspekt im Kontext Open Content und Open Access wichtig: Bibliotheken sollten sich auch den Lehrmaterialien annehmen, die sie bisher nicht als Teil ihrer Aufgabe verstanden haben. Ich vermute als Grund, dass die Lehrinhalte in der Regel nicht öffentlich zugänglich, sondern meist auf die Nutzung innerhalb einer Lehrveranstaltung ausgerichtet waren. Da machte eine Integration in einen öffentlichen Bibliothekskatalog natürlich wenig Sinn. Unter dem Stichwort Open Educational Resources werden nun jedoch Lehrmaterialien im grossen Stil weltweit und offen zugänglich gemacht. Die OER-Portale scheinen im Vergleich zu den etablierten Publikations- und den Forschungsdatenrepositorien noch einigen Nachholbedarf in Bezug auf standardisierte Metadaten, Schnittstellen oder Verlässlichkeit aufzuweisen. Hier öffnet sich ein Aufgabengebiet, in das sich Bibliotheken einbringen können und einbringen sollten.

Autor: mrudolf

Director of University Library Zurich, former Director of State and University Library Lucerne (Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern), former Professor for Library Science at HTW Chur (university of applied sciences), co-editor of Informationspraxis, co-principal investigator of the Horizon Report Library Edition, blogging on library topics - and also on mindful living (in German as Männerherz)

3 Kommentare zu „Trend und Herausforderung #3: Open Content“

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